Keine Berührungsängste bei Gästen mit Behinderung
Für einen Großteil der Bevölkerung ist der Umgang mit Menschen, die eine Behinderung haben, leider unangenehm. Für die Mitarbeiter in der Gastronomie darf es keine Berührungsängste geben. Doch manchmal ist es sehr schwierig, die Bedürfnisse von Gästen mit einer Behinderung zu erkennen und umzusetzen.
Aus diesem Grund habe ich Frau Linda Ertl gebeten, mich bei diesem Artikel zu unterstützen. Sie ist 36 Jahre alt, von Geburt an körperbehindert und deshalb bestens mit dieser wichtigen Thematik vertraut. Zu Ihrem Freundeskreis gehören sowohl Gehörlose als auch Blinde, die durch ihre Behinderung andere Bedürfnisse haben, als nicht behinderte Gäste.
Um die spezifischen Bedürfnisse besser verstehen zu können und auch Gäste mit Behinderung optimal zu bewirten folgen hier ein paar hilfreiche Punkte:
Das Platzieren der Gäste:
Gehörlose Gäste sind darauf angewiesen, alles von den Lippen abzulesen, daher benötigen sie einen Tisch, der über eine gute Beleuchtung verfügt. Blinde Gäste nehmen Ihre Umgebung meist mit dem Gehör wahr, daher benötigen sie eher einen Tisch in einer ruhigeren Ecke. Für Rollstuhlfahrer einfach einen Stuhl vom Tisch beiseite stellen.
Die Bestellung:
Blinde und gehörlose Gäste bekommen es nicht mit, wenn das Servicepersonal mit dem ganzen Tisch spricht. Solche Gäste also bitte immer direkt ansehen und langsam sprechen. Blinde Gäste hören dann, dass sie gemeint sind. Gehörlose Gäste müssen alles von den Lippen ablesen, denn sie hören wirklich nichts, auch wenn man sie anbrüllt.
Das Essen:
Blinde Gäste können keine Karte lesen. Sie bestellen deshalb gerne etwas, das sie kennen, oder sie lassen sich von ihrem Begleiter vorlesen, was auf der Karte steht. Wenn kein sehender Begleiter dabei ist, würden sie sich darüber freuen, wenn man ihnen stichpunktartig erzählt, was auf der Karte steht. Beim Essen ertasten sie vorsichtig mit ihrer Gabel den Teller. Das verhilft ihnen zu Sicherheit und Orientierung, da sie nicht genau wissen, wie das Essen beschaffen ist. Die klassische Art des Anrichtens erleichtert es, sich auf dem Teller zurechtzufinden und die einzelnen Bestandteile zu erkennen. Blinde freuen sich darüber, wenn der Salat in mundgerechte Stücke geschnitten ist, das Dressing sollte aber eher sparsam verwendet werden, damit sie sich beim Essen nicht damit bekleckern.
Beim Bezahlen:
Für Blinde Gäste ist es eine Erleichterung, wenn man ihnen das Rückgeld einzeln in die Hand gibt, denn sie haben ein bestimmtes System in ihrem Geldbeutel. Sehr hilfreich ist auch, wenn man ihnen das Geld einzeln aushändigt und es begleitend definiert, dann können sie es gleich an die richtige Stelle im Geldbeutel einsortieren.
Einige grundlegende Dinge:
Menschen mit Behinderungen sind nicht krank! Es handelt sich ausschließlich um einen anderen Lebensstil. Diese Gäste wissen sehr genau, was sie wollen. Fragen Sie den behinderten Gast selbst und nicht seinen nichtbehinderten Begleiter!
Führt ein Sinnesbehinderter einen Hund mit entsprechender Kenndecke oder weißem Führgeschirr mit, dann handelt es sich um einen speziell ausgebildeten Blinden- Führhund und somit ein Hilfsmittel lt. Sozialgesetzbuch.
1. Sie dürfen überall rein! Selbst in Krankenhäuser und Supermärkte.
2. Diese Hunde arbeiten und dürfen nicht abgelenkt werden. Demzufolge: Nicht anfassen, nicht ansprechen und keinen Augenkontakt!
Extras und Ideen:
Falls das Restaurant über behindertengerechtes Geschirr verfügt, z. B. Kaffeetassen mit isolierter Wand, dann kann man dies anbieten. Sollten Sie sonst eine gute Idee haben, um es dem Gast bequemer zu machen, freut er sich über jede Idee. Andernfalls wird es freundlich ablehnen.
Eine tolle Idee für Rollstuhlfahrer wäre zum Beispiel, einen Kaffee To Go in zwei Bechern zu überreichen, damit er sich während des Rollstuhlfahrens nicht verbrüht,denn die zwei ineinander gesteckten Becher werden nicht so schnell zerdrückt, wenn er sie sich beim Fahren beispielsweise zwischen die Beine klemmt.
Zum Thema barrierefreies Bauen finden Sie einige Tipps in dem PDF-Handbuch.
Foto: hogapr
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